Februar 33 - Der Winter der Literatur

29.01.2022 Sybille Gruska

Buchempfehlung zum 27. Januar - dem Tag der Auschwitz Befreiung

Nachdem ich die Bücher „1913“ und „Liebe in Zeiten des Hasses“ von Florian Illies hier vorgestellt hatte, bekam ich einen Hinweis auf ein weiteres Buch mit der Bemerkung, es würde mich bestimmt interessieren. Ich hielt das Sachbuch von Uwe Wittstock mit dem Titel „Februar 33 - Der Winter der Literatur“, im  letzten August erschienen, in den Händen. Spontan tauchte der Gedanke auf, dass es jetzt offensichtlich modern sei, die Zeit der Herausbildung der faschistischen Diktatur detailliert zu beschreiben.  Es gibt noch ein weiteres Buch, welches in diese Rubrik passt: „Ostende 1936, Sommer der Freundschaft“ von Volker Weidermann. Hier wird die Exilgemeinschaft in dem belgischen Badeort Ostende beschrieben.

Das Buch von Uwe Wittstock belegt fast minutiös, wie zu Beginn des Jahres 1933 in kürzester Zeit die Weimarer Republik in eine Diktatur umgewandelt wurde. Vom 28. Januar bis 15. März 1933 sind die Ereignisse um die Machtergreifung Hitlers und die Auswirkungen auf Publizistik und Literaturschaffen annähernd tageweise belegt. Hier ist der historische Hintergrund derart präsent, dass, anders als früher im Geschichtsunterricht, diese Ereignisse nun personenbezogen beschrieben werden und so auf den Leser viel intensiver wirken. Irgendwie hat man das Gefühl „alten Bekannten“ – bekannt auch aus den Büchern von Florian Illies – passieren diese unglaublichen Dinge. Und wenn man sich als  Bürger eines demokratischen Staates entrüstet fragt, wurden denn die Todesfälle bei Überfällen und Prügeleien zwischen Nazis und Kommunisten nicht juristisch verfolgt, so merkt man betroffen: Achtung, es wurde eine Diktatur geschaffen durch Notverordnungen, Neuregelungen und Aushebeln bestehender Gesetze!! 

Am Ende des Buches überrascht der Autor mit 33 Kurzbiografien von Personen, die zuvor bei Schilderungen von Tagesereignissen die zentralen Figuren waren. Spätestens an der Stelle wird noch einmal deutlich, dass es wahrhaftig keine einzelnen und zufälligen Ereignisse waren, die einen Großteil der Schriftsteller, Publizisten  und Geisteswissenschaftler entweder in die Emigration trieben oder diese systematisch ausschalteten. Und an dem Punkt muss gesagt werden, dieses Zeitfenster vor dem Zweiten Weltkrieg wiederholt zu beschreiben, ist durchaus berechtigt und sollte unsere Sinne schärfen für rechtsstaatliche Prinzipien und Demokratie!!

Im Berliner Käthe-Kollwitz-Museum https://www.kaethe-kollwitz.berlin/aktuelles/ gibt es seit letzter Woche eine Ausstellung mit dem Titel „Zwischen Erfolg und Exil“, die sich ebenfalls mit der Unterdrückung jüdischer Künstler und Widerständler beschäftigt. Es geht um die Fotografin Lotte Jacobi und die Trickfilmpionierin Lotte Reiniger.

Anmerkung: Das Buch können Sie hier digital oder analog in der Buchhandlung Wandlitz bestellen. Falls Sie die Gedanken von Sabine Müller zum 27. Januar aus dem letzten Jahr verpasst haben, sie sind auch in diesem Jahr noch aktuell.

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